Wenn tiefer Kummer sich mit unerschütterlichem Glauben mischt – Horatio Spafford

Horatio Spafford war ein bekannter Rechtsanwalt in Chicago. Er wurde 1828 geboren und stammte aus einer guten amerikanischen Familie. Als engagierter Christ betätigte er sich in seiner Gemeinde als Sonntagschullehrer. Dort lernte er Anna kennen, die er später heiratete. Sie war Waise. Ihre Mutter war gestorben, als sie sieben Jahre alt war. Als sie vierzehn war, starb auch der Vater.
Der bekannte Evangelist Moody war ein guter Freund der Familie. Moody musste damals noch Schuhe verkaufen für seinen Lebensunterhalt. Horatio unterstützte ihn finanziell, bis Moody in der Lage war, seine ganze Zeit für die Evangelisation einzusetzen. Horatio war ein Beter. Er organisierte eine tägliche Gebetszeit für Geschäftsmänner in Chicago.

Im Jahre 1871 war der Sommer besonders heiss. Alles war völlig vertrocknet. Da brach am 8. Oktober in Chicago ein Grossbrand aus, der fast die ganze Stadt zerstörte. Viele Einwohner starben, die anderen versuchten irgendwie aus der brennenden Stadt zu fliehen. Es war ein absolutes Chaos. Neben selbstlosen Helfern gab es auch hemmungslose Plünderer. Die Familie Spafford, sie hatten inzwischen vier Kinder, wohnte etwas ausserhalb von Chicago. Sie konnten zwar ihr Häuschen vor den Flammen retten, verloren aber geschäftlich fast alles.

Nach dem Feuer kam der Winter und mit ihm Armut und Hunger für die Menschen. Die Eltern Spafford halfen, wo immer sie konnten. Sie verteilten Essen und halfen finanziell, so gut es ihnen möglich war.

Nach dem Ausbruch des Brandes nahmen sie auch eine Frau bei sich auf, Tante Sims. Diese Frau hatte einen bösen Mann, der sie ohne Unterstützung im Stich gelassen hatte. Anna Horatio ermahnte sie, ihrem Mann zu vergeben. Da meinte Tante Sims: «Du hast leicht reden. Du hast einen wunderbaren Mann, hübsche und gesunde Kinder, ein schönes Haus. Es ist leicht, gut und dankbar zu sein, wenn du alles hast, was du nur willst. Aber pass auf, dass du nicht nur ein Freund Gottes bist, wenn gutes Wetter ist!»…

Die Familie Spafford plante eine Reise nach Europa um sich dort dem Team von Evangelist Moody anzuschließen, der dort gerade Veranstaltungen durchführte. Sie buchten Tickets nach Frankreich auf dem Luxus-Dampfer «Ville du Havre». Im letzten Augenblick musste der Vater seine Reise wegen wichtiger Geschäfte verschieben. Die Mutter mit den vier Kindern sollte schon vorausreisen. Eine befreundete Familie und vier französische Prediger begleiteten sie.

Es war November 1873. Das Meer war ruhig. Da sich auch viele Kinder auf dem Schiff befanden, hielten sie jeweils Sonntagsschule. Die Nacht vom 21. auf den 22. November war schön und sternenklar. Um zwei Uhr, als schon alle schliefen, gab es einen lauten Knall. Man hörte Schreie. Das Schiff stand still. Sie hatten ein englisches Schiff gerammt. Die Passagiere rannten auf Deck. Anna hatte ihre jüngste, zweijährige Tochter auf dem Arm. Die Matrosen versuchten verzweifelt, die Rettungsboote herunterzuholen. Aber das ging nicht so schnell, denn das Schiff war frisch gestrichen worden und die Boote und Rettungsringe klebten fest. Es entstand ein wildes Durcheinander.
Die «Ville du Havre» war durch den Aufprall in der Mitte gebrochen. Wasser drang ins Schiff. Anna Spafford stand mir ihren Kindern als Erste auf Deck. Als endlich ein Rettungsboot frei wurde, drängten sich andere vor und stiessen sie zurück. Was tun? Sollte sie um ihren Platz kämpfen? In diesem Moment rief Pastor Weiss, sie sollten sofort auf die andere Seite kommen. Dann fiel der Hauptmast direkt auf das eben befreite Rettungsboot und deren Insassen.

Das Wasser stieg schnell. Die kleine Maggie, sieben Jahre alt, sagte: «Bete!» Darauf kniete die Mutter mit ihren Kindern nieder und betete, Gott möge sie retten oder zum Sterben bereit machen, wenn dies sein Wille sei. Darauf schaute Maggie ihre Mutter an und meinte: «Mama, Gott wird sich um uns kümmern.» Und die neunjährige Annie sagte: «Hab keine Angst, das Meer gehört ihm und er machte es.»
Nur zwölf Minuten nach der Kollision sank die «Ville du Havre». Alle vier Kinder der Spaffords ertranken. Die Mutter wurde gerettet. Insgesamt waren es 226 Menschen, die in den Fluten umkamen. Nur 28 Passagiere konnten gerettet werden, ein einziges Kind war dabei. Bis zum Untergang der Titanic war dies der tragischste Unfall auf See. Niemand wusste, wie es zu diesem Unglück gekommen war, denn es herrschte gutes Wetter.
Als Anna Spafford zu Bewusstsein kam und realisierte, dass ihre Kinder weg waren, war sie zuerst völlig verzweifelt. Wie konnte sie ohne ihre Kinder weiterleben? Ihr fiel die Aussage von Tante Sims ein. In ihrer Verzweiflung betete sie demütig: «Ich will nicht nur dein Freund sein, wenn es mir gut geht, sondern dir vertrauen, dass du es auch jetzt gut meinst und ich eines Tages verstehen werde.»

In England angekommen, schickte sie ihrem Mann ein Telegramm mit dem Wortlaut: «Allein gerettet.» Spafford segelte sofort nach England, um bei seiner schwer trauernden Frau zu sein. Als sein Schiff ungefähr an dem Ort vorüberfuhr, wo seine Töchter ertrunken waren, bewog sein tiefer Kummer gemischt mit seinem unerschütterlichen Glauben an Gottes Güte ihn dazu, die folgende Hymne zu komponieren:

Bertha Spafford Vester

Übersetzung: C. Seibel

 

When peace like a river (It is well with my soul)

1) When peace like a river attendeth my way, when sorrows like sea billows roll,
whatever my lot, thou has taught me to say, „It is well, it is well with my soul“.

Refr.: It is well with my soul. It is well it is well with my soul.

2) Though Satan should buffet, though trials should come, let this blest assurance control,
that Christ hath regarded my helpless estate, and hath shed his own blood for my soul.

3) My sin – oh, the bliss of this glorious thought! My sin – not in part, but the whole
is nailed to his cross and I bear it no more. Praise the Lord, praise the Lord, o my soul!

4) And, Lord, haste the day when the faith shall be sight, the clouds be rolled back as a scroll,
the trumpet shall sound and the Lord shall descend. „Even so“ – it is well with my soul.

 

Deutscher Text von Theodor Kübler (1880)

1. Wenn Friede mit Gott meine Seele durchdringt, ob Stürme auch drohen von fern, mein Herze im Glauben doch allezeit singt: Mir ist wohl, mir ist wohl in dem Herrn

Refr.: Mir ist wohl in dem Herrn, mir ist wohl, mir ist wohl in dem Herrn.

2. Wenn Satan mir nachstellt und bange mir macht, so leuchtet dies Wort mir als Stern: Mein Jesus hat alles für mich schon vollbracht; ich bin rein durch das Blut meines Herrn.

3. Die Last meiner Sünde trug Jesus, das Lamm, und warf sie weit weg in die Fern; er starb ja für mich auch am blutigen Stamm; meine Seele, lobpreise den Herrn!

4. Nun leb ich in Christus, für ihn ganz allein; sein Wort ist mein leitender Stern. In ihm hab ich Fried und Erlösung von Pein, meine Seele ist fröhlich im Herrn.